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MEDZENTRUMSep 5, 2016 11:58:00 AM5 min read

Interview mit Alexander Bechtler: „Ärztehaus kommt spätestens 2018“

SCHRAMBERG (him) – Weil zwei Anlieger beim Verwaltungsgericht einen Baustopp erreicht haben, kann die Medzentrum Schramberg GmbH & Co. KG – kurz Medzentrum – mit dem Bau ihres Ärztehauses auf dem Carl-Haas-Gelände derzeit nicht beginnen. Fragen von NRWZ-Redakteur hat Rechtsanwalt Alexander Bechtler beantwortet, dessen Kanzlei HFBP die Medzentrum juristisch berät und vertritt. 

NRWZ: Hätte die Stadt nicht früher handeln und einen gültigen Bebauungsplan aufstellen müssen? Bechtler: Es ist nicht der Zeitpunkt für Schuldzuweisungen. Sogar die Widerspruchsführer sagen eindeutig, dass sie nicht gegen das „Medzentrum“ sind. Das wichtige Infrastrukturprojekt findet also maximale Zustimmung! 

NRWZ: Doch derzeit geht es nicht weiter. Bechtler: Wichtig ist jetzt, schnellstmöglich Rechtsicherheit zu schaffen, damit die Baugenehmigung bestandskräftig wird. Hierfür sind alle Schritte in die Wege geleitet. Der Gemeinderat der Stadt Schramberg hat in seiner öffentlichen Sitzung vom 21. Juli einstimmig beschlossen, für das Gebiet „Ärzte- und Gesundheitszentrum Schramberg“, Talstadt West, einen Bebauungsplan der Innenentwicklung nach Paragraph 13a BauGB aufzustellen und das – weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen – sogar im beschleunigten Verfahren. Es ist vorgesehen, den Entwurf des Bebauungsplans bereits in einer Sondersitzung des Gremiums am 15. September 2016 festzustellen. Erwähnenswert ist, dass die Entscheidung des Gemeinderats einstimmig – ohne Gegenstimmen und ohne Enthaltungen – erfolgte. Das zeigt, dass alle demokratisch legitimierten Vertreter Schrambergs voll und ganz hinter dem „Medzentrum“ stehen und es möglichst zeitnah realisiert wissen wollen. 

NRWZ: Das Verwaltungsgericht in Freiburg argumentiert: Wenn kein Bebauungsplan vorhanden, kommt es auf die tatsächliche Umgebung an – und die bestehe halt aus Wohnbebauung: Haben Ihre versierten Juristen das nicht bemerkt? Bechtler: Sowohl die Stadt Schramberg, als auch die „Medzentrum“ haben Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg eingelegt. Angesichts der derzeitigen Informationslage spricht viel für einen Erfolg des Beschwerdeverfahrens, weil das Gericht nach unserer – im Einklang mit der Meinung der Stadt Schramberg stehenden – Rechtsauffassung den für die Beurteilung der Art der Umgebungsbebauung maßgeblichen Bereich unzutreffend ermittelt haben dürfte. 

NRWZ: Woraus schließen Sie das? Bechtler: Es wurde kein Ortstermin durchgeführt. Zum anderen wurden gewerbliche oder freiberufliche Nutzungen in der Umgebung des Baugrundstücks bei der Bestimmung der Gebietseigenart fehlerhaft unberücksichtigt gelassen. Hinzu kommt, dass – je nach zeitlichem Verlauf des Beschwerdeverfahrens beim VGH Mannheim – möglicherweise parallel zu dessen Entscheidung die Planreife des von der Stadt zur Aufstellung beschlossenen Bebauungsplans eintreten wird. So könnte der Beschluss des VG Freiburg also auch aus diesem Grund keinen Bestand mehr haben. 

NRWZ: Der Bevollmächtigte der beiden Anlieger beklagt, die Stadt und die Bauherrin Medzentrum hätten viele Gesprächsangebote und Kompromissvorschläge abgelehnt und „stur, ignorant und arrogant“ ihre Linie durchgezogen. Welche Gespräche haben stattgefunden, welche Angebote haben die Anlieger gemacht? Bechtler: Der Bauherrin machen die Widerspruchsführer diese Vorwürfe nicht. Vielmehr stehen wir in einem gut nachbarschaftlichen, engen und sachlichen Austausch. Von deren Seite wurde als Kompromiss vorgeschlagen, den Baukörper des Ärztehauses auf dem Grundstück Lauterbacher Straße 18 um etwa zehn Meter zurückzuversetzen und dessen Höhe um circa drei Meter zu verringern – was einem vollen Geschoss entspräche. Jedoch ist dieser Kompromissvorschlag ohne die Erteilung einer komplett neuen Baugenehmigung nicht möglich. Das hatte der von der „Medzentrum“ beauftragte Verhandlungsführer den Widerspruchsführern und ihrem Bevollmächtigten bereits mitgeteilt.

Alexander Bechtler (Foto: pm)

NRWZ: Weshalb geht das nicht? Bechtler: Grund dafür ist unter anderem die Topographie und der sich verjüngende Zuschnitt des Grundstücks. Würde man den Baukörper versetzen, müsste man diesen komplett neu an die Gegebenheiten anpassen. Diese Anpassung wäre derart gravierend, dass sie nicht mit bloßen Änderungsanträgen oder Auflagen zur bestehenden Baugenehmigung durchzusetzen wäre. Das bedeutet: Der Kompromissvorschlag ist nicht umsetzbar.

NRWZ: Was schlagen Sie vor? Bechtler: „Medzentrum“ ist an einer vernünftigen und für alle Beteiligten gangbaren gütlichen Lösung mit den Widerspruchsführern interessiert. Dies könnte das Projekt auch beschleunigen, sodass der ursprüngliche Zeitplan sogar gehalten werden könnte. Angeboten werden kann von Seiten der Bauherrin an die Widerspruchsführer jedoch nur eine wirtschaftliche Lösung. Diese muss aber schnell gefunden werden, da die Zeit aufgrund des laufenden Beschwerdeverfahrens und der Aufstellung des Bebauungsplans gegen die Widerspruchsführer läuft. 

NRWZ: Der Bevollmächtigte spricht von einem „Bunker“, den Sie bauen wollen? Bechtler: „Medzentrum“ hat aus Rücksicht gegenüber den Nachbarn den Baukörper bereits umgeplant und niedriger werden lassen, als zunächst vorgesehen. Dies haben die Widerspruchsführer bewusst zur Kenntnis genommen. Wichtig für die medizinische Infrastruktur Schrambergs ist, dass auf dem Grundstück perspektivisch ein zweites Gebäude realisiert werden kann. Daher ist die Planung seitens des Architekturbüros zu befürworten und berücksichtigt in angemessener Weise die Interessen unserer Nachbarn. Ein Recht auf „freie Sicht“ gibt es allerdings nicht. 

NRWZ: Sehen Sie eine Chance auf eine Einigung? Bechtler: Der Vergleichsvorschlag liegt den Widerspruchsführern vor, ist angemessen, weil er die weiteren zu erwartenden Verfahrensgänge und die Rechtslage berücksichtigt. Da die Beteiligten eine gütliche Lösung wollen, gehen wir davon aus, dass die Widerspruchsführer unseren Vorschlag ernsthaft prüfen. Die grundsätzliche Ablehnung einer wirtschaftlichen Lösung würde der Glaubwürdigkeit der Widerspruchsführer ernsthaft schaden. Als Schramberger Bürger dürften diese daran kein Interesse haben

Interview_NRWZ_2016_Content
‍Interview vom 29. Juli 2016, erschienen in NRWZ (Schramberg), www.nrwz.de

NRWZ: Gleichzeitig haben Sie Widerspruch gegen die Entscheidung aus Freiburg eingelegt, weshalb? Bechtler: Auch die Stadt Schramberg hat im Übrigen gegen den Beschluss des VG Freiburg vorsorglich Beschwerde zum VGH Mannheim eingelegt, weil sie unabhängig von dem in Aufstellung befindlichen, Bebauungsplan – wie wir – der Auffassung ist, dass das Ärztehaus baurechtlich zu genehmigen war. Und zwar, weil die Gebietseigenart der näheren Umgebungsbebauung als Mischgebiet anzusehen ist. Gleichwohl verfährt auch die Stadt Schramberg nach dem Gesichtspunkt des sichersten Weges und sichert diese Beurteilung durch den vorgenannten Bebauungsplan ab. Kurzum: Wir halten die Beschwerde für erfolgversprechend. 

NRWZ: Wenn die Planungsreife bis Ende November erreicht würde, würden Sie dann noch in diesem Jahr loslegen? Bechtler: Die Finanzierung des Bauvorhabens ist gesichert, die Generalunternehmerin bereits beauftragt. Die Planungsbüros arbeiten mit Nachdruck die für die Baufreigabe erforderlichen Punkte ab. Sobald der Widerspruch gegen die Baugenehmigung aus der Welt ist, beginnen die Bauarbeiten. 

NRWZ: Wie sähe Ihr aktueller Zeitplan aus? Bechtler: Sollte wider Erwarten mit den Widerspruchsführern keine Einigung zu erzielen sein und „Medzentrum“ tatsächlich darauf warten müssen, bis Planreife bezüglich des neuen Bebauungsplans vorliegt, dürfte sich der Fertigstellungstermin des Ärztehauses bis maximal zum 1. April 2018 verzögern. Dies entspräche einer Verspätung von rund sechs Monaten. Sollte zeitnah eine Einigung gefunden werden, könnte der Zeitplan bis zum 30. September 2017 gehalten werden.

NRWZ: Unter den beteiligten Ärzten soll der Ärger groß sein, wie können Sie die Mediziner bei der Stange halten? Bechtler: Die beteiligten Ärzte und Akteure sind umfassend informiert, aus diesem Grunde realistisch und stehen solidarisch zu dem Vorhaben. Alle Beteiligten sind sich der Verantwortung für Schramberg bewusst und wir stehen in engem Austausch mit unseren Partnern. Bei großen Infrastrukturvorhaben sind Verzögerungen leider manchmal unvermeidbar. Die Mieter erfahren größtmögliche Unterstützung von „Medzentrum“ und haben in unserem Hause direkte Ansprechpartner. 

NRWZ: Wie sicher sind Sie, dass das geplante Medzentrum auf dem Carl-Haas-Gelände gebaut wird? Bechtler: Das „Medzentrum“ Schramberg wird bis spätestens 2018 auf dem von der Stadt dafür vorgesehenen Grundstück errichtet sein und im Ergebnis allen Menschen in Schramberg zugutekommen.

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